Ukraine, Transkarptien

 

28. Juli 2021

 

 

Es ist wieder einiges passiert in den letzten Tagen, was einen Blogartikel rechtfertigt. Nachdem wir Tustan bei Regenwetter besichtigt und danach noch zwei Regentage erlebt hatten, brennt die Sonne nun wieder ziemlich stark.

 

Unsere Fahrt ging weiter durch die Kapraten in Richtung Süden zunächst. Bei Svaljava füllten wir mal wieder unsere Vorräte auf. Da wir keinen Kühlschrank besitzen, hat es sich eingespielt, etwa alle drei bis vier Tage einzukaufen. Obwohl unsere Vorräte, die nicht gekühlt werden müssen, uns auch längere Zeit durchbringen würden. Svaljava, eine Kleinstadt mit belebtem Zentrum, hatte alles, was wir suchten. Und das war vor allem ein kleiner Supermarkt. Anders als in Deutschland, geht man hier nicht mit großem Wagen durch breite Gänge voller Lebensmittel. Solche großen Supermärkte gibt es zwar auch, allerdings selten. Auf den Dörfern gibt es meist einen Tante-Emma-Laden, ein Magazin, und in den Kleinstädten kleinere Einkaufsmärkte, die an einen deutschen Edeka-Markt erinnern.

 

Obwohl wir, wie beschrieben, meist nur für wenige Tage Verpflegung auffüllen, fallen wir mit unseren Mengen im Einkaufskorb dennoch auf. Die meisten Ukrainer kaufen wohl lieber für den Tagesbedarf und dann täglich ein. Gemüse und Obst geben zudem mit Sicherheit die üppigen eigenen Gärten her.

 

Das Angebot in den Läden ist überschaubarer als in Deutschland aber vollkommen ausreichend und durchaus auch unterschiedlich, je nach Ladenkette. Wie auch schon auf früheren Reisen, kaufen wir meist erstmal unabsichtlich Mineralwasser mit Sprudel, bis wir dann wissen, was „ohne Kohlensäure“ auf ukrainisch heißt.

 

Von Svaljava geht es nun auf einer Nebenstraße weiter. Etwa 30 Kilometer Huckel- und Schlaglochpiste liegen vor uns. Oft ist nur Schritttempo möglich und alle Insassen werden kräftig durchgeschaukelt. Diese ukrainischen Nebenstraßen zehren an den Nerven, weil wir mit unserer Olga bangen, dass alles gut geht.

 

Die Belohnung war dann ein genialer Schlafplatz an einem Fluss, wo wir die Olga halb unter einer Weide parken, baden und nachts ruhig schlafen konnten. Da blieben wir doch gleich mal einen Tag länger.

 

Von diesem schönen Platz aus, mussten wir noch weitere Schlaglöcher hinter uns lassen, um dann in Richtung Chust wieder auf einer gerade frisch asphaltierten Straße zu landen. Chust liegt schon wieder im Flachland und die Karpaten sind nur noch Hintergrundkulisse. Und diese Stadt hat sogar eine Umgehungsstraße. An dieser haben wir auch mal wieder tanken müssen. Dieser Vorgang läuft hier zumeist so, dass man den eigentlichen Tankvorgang dem Tankwart überlässt und selbst schon mal mit der Visa-Karte zur Kasse läuft. Eine Vorgehensweise, die es auch in Bulgarien, Griechenland oder Rumänien gibt. Und eine Vorgehensweise, die mir eher nicht gefällt, weil man bei unserem 50 Jahre alten Auto das Benzin nur sehr langsam in die Tanköffnung einfüllen kann. Das erfordert etwas Fingerspitzengefühl an der Zapfpistole, was nicht jedem Tankwart eigen ist, um es mal so zu beschreiben. Und das verschüttete Benzin zahlt man dann natürlich mit.

 

Als wir Chust hinter uns ließen und einen Schlafplatz suchten, erreichten wir einen Platz an einer Brücke über den Fluss Theis. Solche Plätze suchen wir uns meist im Vorfeld über die Satellitenansicht bei Google Maps. Die Park4Night-App ist in der Ukraine allermeistens keine große Hilfe, weil es einfach fast keine eingetragenen Plätze für uns gibt. Überhaupt sieht man nahezu keine anderen Wohnmobile.

 

Der Platz am Fluss nahe der Brücke entsprach allerdings nicht unserer Vorstellung, also fuhren wir wieder weiter. Dann klapperte etwas und das Geräusch kannten wir schon. Bereits 2019 hatten wir uns in den rumänischen Karpaten einen Stein zwischen die Zwillingsreifen hinten gefahren. Und wieder ließ sich der Stein nicht mehr einfach so herausziehen. Wir mussten also bei gefühlt 40 Grad das äußere Rad abmontieren, den Stein entfernen und konnten dann erst unsere Fahrt fortsetzen.

 

Kurze Zeit später standen wir wieder kurz vor dem Fluss. Auch diesen Platz hatten wir per Google Maps ausgesucht und diesmal war das Problem, dass die Satellitenbilder bei Google veraltet sind. Da, wo auf dem Bild nur eine Sandpiste bis zum Fluss führte, ist jetzt ein Lagerplatz für Schotter, Kies und Sand, der wahrscheinlich zu einer der vielen Straßenbaustellen gehört. Also nochmal wieder losfahren.

 

Und dann hatte auch unsere Olga keine Lust mehr. Plötzlich fing der Motor an zu stottern, beziehungsweise ab und an nicht die volle Leistung zu bringen, obwohl ich das Gaspedal gleichbleibend durchgedrückt hielt. Was nun?

 

Unterwegs hatten wir an einem der Orte, durch die wir gekommen waren, eine Brücke überquert, neben der man am Ufer parken und im Fluss baden konnte. Eigentlich ausgeschlossen für uns, weil zu nah an bewohntem Gebiet und damit vermutlich ziemlich unruhig. Doch in unserem Fall, die nun beste Option. Nachdem der Motor sich dort dann abgekühlt hatte, führten wir eine kleine Inspektion durch, wie sie in unseren Möglichkeiten liegt. Kühlwasser? In Ordnung! Motoröl? Ausreichend vorhanden? Irgendwelche Undichtigkeiten erkennbar? Nein! Lockere Bauteile (Stichwort: Schlaglochpiste)? Ohne Befund!

 

In so einen Fall bleibt nur abwarten und es auf einen erneuten Versuch ankommen lassen. Das bedeutete in diesem Fall, dass wir eine ruhige Nacht dort verbrachten, wo die Kühe abends über die stark befahrene Straße nach Hause liefen. Am nächsten Morgen dann etwas früher aufstehen, falls es ein längerer Tag mit Werkstattbesuch werden sollte. Und dann erstmal losfahren und mit allen Sinnen beim Auto sein. So fuhren wir einkaufen. Diesmal in einem richtig großen Supermarkt mit vielen Regalen und 20 Kassen, von denen eine von einer gelangweilten Kassiererin besetzt war. Dann immer parallel zum Grenzfluss Theis, auf dessen anderer Seite Rumänien liegt. Und immer weiter durch Orte, deren Straßenränder von modernen Neubauten gesäumt sind, die fast alle unbewohnt scheinen. Und schließlich sogar wieder etwas in nördlicher Richtung in die Karpatenberge. Mittlerweile waren wir in Rachiv und das gehört nun schon zu Transkarpatien. Und immer noch, zum Glück, lief der Motor wie gewohnt und ohne Probleme. War es minderwertiges Benzin von der Tankstelle in Chust? Waren es kleine Luftblasen in den Leitungen durch die Schwierigkeiten beim Tankvorgang? Wer weiß das schon.

 

Die letzten beiden Nächte schliefen wir am Eingang zum Nationalpark bei Jasinja. In diesem Biosphärenreservat thront auch der Ukraine höchster Gipfel, der Howerla. Den wir uns aber schenken, um den Touris zu entgehen. Stattdessen wanderten wir am nächsten Tag 6:30 Uhr los auf 600 Höhenmetern, um drei Stunden später auf 1600 Höhenmetern in einem eiskalten Bergsee vor gigantischer Kulisse (kurz) baden zu gehen. Natürlich nur deshalb „kurz“, weil schon kurze Zeit später ganze Wandergruppen erschienen. Die lassen sich allerdings meist mit einem allradgetriebenen Offroadfahrzeug etwas 8 Kilometer den Berg hochfahren, um dann dort in aller Ruhe die letzten 2 Kilometer zum See oder Gipfel zu laufen. Wir sind das alles gelaufen, haben uns Sonnenbrände und Muskelkater geholt. Die Hunde haben es tapfer durchgestanden, auch wenn wir für Nella zwischendurch mal eine längere Pause einlegen mussten. Die Alternative, uns eines der Shuttlefahrzeuge anzuhalten, haben wir als Option immer mitgedacht aber nicht benötigt. So waren es 20 Kilometer Strecke, 1000 Höhenmeter bergauf und auch wieder bergab.

 

Heute sind wir nun schon wieder auf der Piste gewesen, waren einkaufen, tanken und stehen nun bei Kryvopillja an einem Picknickplatz. Das Solarmodul steht in der Sonne und lädt unsere Bordstrombatterie. Kühe mit Glocken laufen auf der Straße vorbei. Ein paar andere Leute grillen auf dem Platz. Ein kleines Gewitter zog vor Kurzem über uns hinweg. Und wir bleiben wohl noch ein wenig in den Bergen, um der Hitze im Flachland zu entfliehen. Hier oben ist man der Sonne zwar näher und warme 28 Grad sind es heute auch. Aber wenigstens weht ein kleiner Windhauch um uns herum. Während ich diese Zeilen schreibe genieße ich ab und an ein Stück Roshen-Schokolade und halte es für eine Frechheit, dass es diese Genussware nicht auch in Deutschland zu kaufen gibt. Reisen lohnt sich!

 

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