Rumänien, Südwesten

Nach ganzen 10 Tagen haben wir den einzigartigen Strand bei Vadu verlassen. Als zwischendurch die Vorräte zur Neige gingen, bin ich mit Rucksack losgezogen und habe im kleinen Dorfladen Brot, Käse, Bananen, Tomaten und Kekse gekauft. Was man eben so braucht. Und wie wenig man doch braucht, wenn man an einem so schönen Platz ist.

 

In den zehn Tagen haben wir vielleicht eine handvoll Menschen gesehen. Die meisten davon Reisende wie wir mit umgebauten Transportern (Paar mit Kind aus Luxemburg), mit Pickups und Wohnkabine (Paar aus Dresden), mit größerem Expeditionsmobil (Paar mit zwei Kindern aus Österreich) oder eben mit ganz normalem Wohnmobil.

 

Unsere Hunde konnten ohne Leine aus dem Auto, direkt an den Strand und dort rennen und toben, so lang und so viel sie wollten. Sogar schwimmen konnten wir an einigen Tagen, als das Wetter noch warm und sonnig war.

 

Doch die Wetterprognose sagte viel Regen an und kalt sollte es außerdem werden. Also zogen wir weiter und zwar nach Constanta. Die größte rumänische Stadt am Schwarzen Meer wird von einer wahren Flut an Hotelklötzen flankiert. Wir mögen uns gar nicht vorstellen, wie man sich dort in der Hochsaison gegenseitig auf die Füße tritt.

 

Doch solch eine Großstadt bietet natürlich auch manches, was selbst für uns manchmal reizvoll erscheint. Zum Beispiel riesige Einkaufszentren. Wobei ich sagen muss, dass mir ein ganz normaler Supermarkt in der Größe eines LIDL oder Penny absolut ausreicht.

 

Dann findet man dort Waschsalons. Und so war ich zum ersten Mal in meinem Leben in einem solchen. Unsere Bettbezüge und Hundedecken hatten es mal nötig. Als ich noch etwas verloren vor dem Automaten stand, sprach mich die einzige weitere Kundin auf Englisch an und erklärte mir, wie alles funktioniert.

 

Wir kamen ins Gespräch, denn so eine Wäsche dauert inklusive Trocknung 45 Minuten. Dabei stellte sich heraus, die Frau ist 1989 mit ihren Eltern nach Berlin ausgewandert. Da war sie acht Jahre alt. Vor einiger Zeit zog es sie der Liebe wegen dann doch zurück nach Rumänien. Und so konnten wir uns ganz locker auf Deutsch unterhalten. Ich erzählte von unserer Reise und sie davon, wie sehr sie Deutschland vermisse.

 

Unser nächster Halt war dann noch die Hauptpost. Dorthin hatte ich ein kleines Bücherpaket liefern und per „poste restante“ aufbewahren lassen. Da es keine Sendungsverfolgung zur Bestellung gab, blieb es bis zum Schalter spannend, ob das Paket überhaupt schon dort angekommen sei. Doch es war da.

 

So ein Tag geht schnell vorbei, wenn man am Morgen noch im Meer baden war und dann diesen Großstadtdschungel hinter sich gebracht hat. Da die Küste um Constante herum immer weiter zugebaut wird, mussten wir in der Dunkelheit etwas länger nach einem Platz für die Nacht suchen und fanden schließlich einen, den wir schon kannten. Bereits 2017 hatten wir hier oberhalb der Steilküste eine Nacht verbracht.

 

Am nächsten Morgen ging es nach einer Hunderunde weiter in Richtung Mangalia. Dort besuchten wir, auf Empfehlung, ein großes Araber-Gestüt. Gegen eine kleine Eintrittsgebühr kann man sich das Gelände anschauen. Im Kassenbüro stellte sich jedoch heraus, dass der Kollege, der die Gebühr einzieht, allerdings gerade zu Tisch sei. Vor 15 Uhr wäre er auch nicht zurück. Es war 11:30 Uhr.

 

Und die Kollegin im selben Büro konnte natürlich die Gebühr auch nicht einsammeln. Natürlich nicht.

 

Also verließen wir das Büro, liefen ohne Eintritt bezahlt zu haben eine Runde über das Gelände, streichelten Pferde und fuhren weiter.

 

Oder besser gesagt, fuhren wir zurück, denn wir wollten uns noch ein zweites Mal ins Großstadtgetümmel stürzen. Diesmal zog es uns zum Kunstmuseum. Doch vorher stellte uns die Parkplatzsuche im Zentrum noch vor ein Hindernis. Es soll zwar auch noch Parkscheinautomaten geben, doch wir haben nirgends einen gesehen. Man bezahlt modern per App oder SMS. Mit ausländischer Telefonnummer wird die SMS-Variante schon mal nix. Dann also die App runterladen, anmelden und schön viele Daten hinterlassen. Doch auch die App half uns nicht weiter, weil auch sie uns immer wieder zurück zu einer SMS führte, die wir ja, wie erwähnt, nicht empfangen konnten. Also parkten wir ohne Schein, legten unsere Parkscheibe aus und hatten keinen Stress.

 

Im Museum waren wir dann fast die einzigen Besucher und konnten so allein über die drei Etagen schlendern und uns Kunstwerke aus verschiedenen Epochen und von verschiedenen rumänische Künstlerinnen und Künstlern anschauen. Interessanterweise scheint für jeden rumänischen Maler, der etwas auf sich hält die Küstenstadt Balchik ein lohnenswertes Motiv zu sein. Balchik liegt in Bulgarien.

 

In Constanta noch schnell leckeres Fast-Food gekauft und dann raus aus der Stadt. Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir ganz allein am Schwarzmeer-Donau-Kanal. Genauer gesagt am Denkmal, dass die Arbeiter ehrt, die diesen gigantischen Kanal in den Fels gruben. In den achtziger Jahren wurde er nach 35 Jahren Bauzeit eröffnet und verbindet heute die Donau mit dem Schwarzen Meer bei Constanta. Wir konnten allerdings nur ein einziges Schiff sehen während der gesamten Zeit.

 

Bei Regen, grauem Himmel und Kälte zogen wir danach einige Tage weiter durch das südliche Rumänien, schliefen einmal an der Donau, einmal am Olt und einmal am Fluss Arges. Draußen waren wir meist nur für die Spaziergänge mit den Hunden. Sonst verkrochen wir uns unter die warme Decke und hofften auf besseres Wetter.

 

Im Süden des Landes fielen uns leider einiges negativ auf. Rumänien, dieses Land mit den fantastischen Landschaften in den Karpaten oder am Meer oder am Donaudelta. Rumänien, dieses Land mit den freundlichen Menschen, den schmucken Klöstern und dem leckeren Essen. Genau dieses Rumänien kann einen auch manchmal richtig wütend machen.

 

Wütend wegen der vielen abgeklapperten Pferde, die vor Wagen gespannt werden. Wütend, wegen der vielen Straßenhunde, die man gerne die Tankstelle bewachen lässt aber ihnen nicht so gern ordentlich zu futtern gibt. Und wütend auch wegen des unfassbar vielen Mülls, der auf Wiesen, in Flüssen und im Straßengraben, also nahezu überall herumliegt.

 

Wir haben schon öfter mal an Schlafplätzen Müll aufgesammelt und den Müllsack dann in irgendeinem großen Müllbehälter entsorgt. In Rumänien kommt uns dies leider wie eine Sisyphosarbeit vor. Wie man seine Schafe und Kühe auf solch verdreckte Wiesen weiden lassen kann oder wie man aus diesen vermüllten Flüssen seinen Fisch fange kann, das leuchtet mir nicht ein.

 

Und dann fährt man wieder durch Orte oder landet an Plätzen, wo es sehr aufgeräumt zugeht. Der Strand in Vadu zum Beispiel war 2017 noch sehr viel mehr zugemüllt, als 2021. Es könnte also, wenn man es wollen würde, auch im Rest des Landes anders aussehen. Vielleicht wird sich auch dies so schnell verändern, wie sich manch anderes in Rumänien gewandelt hat, seit wir 2014 angefangen haben, immer wieder hierher zu reisen.

 

 

 

Aktuell stehen wir wieder nahe der Donau, die hier als Grenzfluss zwischen Rumänien und Serbien durch ein tiefes Tal verläuft, an dessen Seiten sich Felswände und Berghänge emporheben. Für die Nacht fanden wir an einem kleinen Kloster einen wunderbar ruhigen Parkplatz direkt am Wald. Man nennt diese Grenze hier das „Eiserne Tor“ und morgen wollen wir uns davon noch einiges genauer anschauen.

 

 

 

Empfehlungen aus der Reiselektürekiste:

 

 

 

Frank Schätzing „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“

 

Zum zweiten Mal kein Thriller vom Bestsellerautor. Nach „Nachrichten aus einem unbekannten Universum“, in dem es um die Geheimnisse der Ozeane ging, handelt das neue Sachbuch vom Klimawandel, seinen Folgen und was wir alle dagegen unternehmen können. Eine sehr eingängige Lektüre für alle, die es immer schon mal in so knapper Form zusammengefasst lesen wollten. Schätzing ist sich treu geblieben und hat meisterhaft recherchiert. Wer es nach dieser Lektüre noch immer nicht begriffen hat, dem ist nicht zu helfen.

 

Stephen King „Das Attentat“

 

Der Meister des Horrors wagt sich in diesem Tausend-Seiten-Schmöker an ein wahres historisches Ereignis. Was wäre, wenn Sie in der Zeit zurückreisen könnten? Würden sie versuchen Hitler zu töten, um die Verbrechen der Nazis aus dem Geschichtsbuch zu streichen? Ja? Nun, sie können es versuchen, doch sie haben nur eine Chance. Denn immer, wenn sie ein zweites Mal in die Vergangenheit reisen, werden alle ihre vorangegangen Bemühungen gelöscht. Dazu noch ein bisschen Schmetterlings-Effekt, ein bisschen Grusel und King läuft zu Höchstform auf. Ob es ihm gelingen wird, das Kennedy-Attentat zu verhindern? Lesen Sie es nach!

 

 

 

 

 

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