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Grenzerfahrungen

 

Nasskaltes Wetter in Litauen. Der Sommer scheint unwiederbringlich vorbei. Wir wollen in den Süden und zwar schnell. „Schau mal, der kürzeste Weg nach Rumänien führt nach Polen einfach durch die Ukraine. Und da darf man als EU-Bürger jetzt 90 Tage visumfrei einreisen. Außerdem gibts da keine Maut und der Sprit soll billig sein, ist das nicht toll?“

 

Ok, wir können kein Russisch und dementsprechend auch kein kyrillisches Alphabet, wir sind noch nie außerhalb der EU gewesen, wir haben keine Ahnung ob wir alle ofiziell benötigten Dokumente wirklich haben, für uns, für das Auto, für die Hunde. Wir sind uns sogar ziemlich sicher, dass wir nicht alle Dokumente... egal.

Ich bin guter Dinge, nur Philipp ist nachts alptraumgeplagt seit meinem Abkürzungsvorschlag.

 

Ein paar Tage später, kurz vor der ukrainischen Grenze sieht die Sache dann etwas anders aus. Ich verfluche die Idee gewaltig. Bisher sind wir grenzenlos entspannt durch alle Länder gereist.

 Was uns jetzt erwartet wissen wir nicht. Horrorgeschichten mit beschlagnahmten Hunden, abartig hohen Strafzahlungen und einer zerlegten Olga gehen uns durch den Kopf.

Aber entschieden ist entschieden. Wenn sie uns nicht reinlassen, fahren wir eben durch die Slowakei und Ungarn, sagen wir uns immer wieder. Aber auch das beruhigt die Nerven kaum.

 

Schon stehen wir vor dem polnischen Schlagbaum, Stau vor der Grenze gibt es keinen, an diesem Sonntagnachmittag. Passports, Auto aufmachen, oh dogs, Dogpassports please.

Die hinzugerufene Dame blättert planlos in den Heimtierausweisen. Eine zweite Dame eilt hinzu, ihr wird die Hälfte der „Dogpassports“ abgegeben, auch hier planloses blättern. Sie scheinen irgendetwas zu suchen. Um die Verwirrung perfekt zu machen, drücken wir ihnen noch einen Laborbefund vom Tollwuttitertest für jeden Hund in die Hand, auf deutsch. Sie verstehen immernoch nichts, können aber lautstark die Namen der Hunde aus den Impfpässen mit denen auf den Laborbefunden vergleichen und sind nach getaner Arbeit mit sich und uns zufrieden. Alles ok, tschüss. War doch alles ganz einfach. Schnell noch Geld wechseln, falls die Ukrainer.... naja, die lieben Vorurteile.

 

Vor dem ukrainischen Schlagbaum wurden wir vom uniformierten Zöllner überraschend mit „Guten Tag“ begrüßt. Wir bekommen einen kleinen Zettel, unseren Laufzettel, und auf gehts zur Grenzkontrolle. Zwei Schlangen aus PKWs und LKWs haben sich gebildet. Die Fahrer spazieren von einem Grenzhäuschen zum nächsten. Manche Autos werden kontrolliert, andere nicht. Wir versuchen das System zu verstehen, es gelingt nicht. Philipp macht sich mit unseren Pässen auf den Weg in die Richtung, in die auch andere laufen. Währenddessen kommt doch ein Zollmensch zur Autokontrolle und fragt mich natürlich nach den Pässen. Ähm, hab ich nicht, die sind gerade woanders. Englisch mit deutschem Akzent und Englisch mit ukrainischem Akzent. Funktioniert ausreichend gut um noch miteinander Witze zu machen. Die Kontrolle ist oberflächlich, Schrank will er keinen öffnen. Währenddessen kommt Philipp zurück, ich müsse mit zur Personenkontrolle. Passt, wir waren hier eh fertig. Also auch einmal ins Grenzhäuschen gucken, mit dem Passfoto verglichen werden und gut. Bis dahin fanden wir das alles ganz nett und waren uns ziemlich sicher gleich einreisen zu dürfen. Während ich zur Olga zurück gehe, sammelt Philipp unseren Laufzettel ein. Und kommt mit einer anders uniformierten Dame zurück. „Auto aufmachen“ - schon wieder? Kein Problem. Oh, dogs. Die beiden verschwinden wieder. Nach einer Weile kommt Philipp zurück, deutlich unentspannt. „Wir müssen jetzt zum Doktor.“ Ähm, wir? Naja, die Hunde. Keiner weiß so genau, ob nun die Pässe oder die Hunde zum Veterinär müssen. Also ziehen wir erstmal mit den Pässen ins Verwaltungsgebaude. Gänge, Türen, kyrillische Buchstaben. Wir versuchen die erste Tür links. Ein kleines Zimmerchen, drei Schreibtische, zwei sind besetzt. In einer Ecke liegt ein Zollbeamter auf einer Liege und macht sein Nachmittagsschläfchen. Unverständliche Wörter, vielleicht eine Begrüßung. Ich strecke dem sitzenden Mann die Hundepässe und den Laufzettel hin. Er blättert durch den ersten Pass, stellte fest, dass er ihn nicht lesen kann und will ein „Dokument“. Das war das einzige, was wir aus dem Wortschwall verstanden. Ich zeige auf die Pässe. Er schüttelt den Kopf und will ein Dokument. Das wiederholt sich mehrfach. Mit immer vehementeren Gesten auf beiden Seiten. Er bekommt einen roten Kopf, mir tropft der Schweiß. Er springt vom Schreibtisch auf und deutet uns ihm zu folgen. Wir lernen alle anderen Zimmer auf dem Gang kennen, offenbar ohne zu finden was oder wen er suchte. Wir folgen ihm zurück zu seinem Schreibtisch. Er rauft sich die letzten verbliebenen Haare, ich zeigt auf die Pässe. Alle im kleinen Zimmerchen Anwesenden feixten. Er greift zum Handy, spricht, schiebt mir einen kleinen Drehhocker neben seinen Schreibtisch, auf den ich mich setze, drückt mir das Telefon in die Hand und bringt alle anderen zu schweigen. Eine freundliche Frauenstimme stellt sich in perfektem Englisch als Tochter des Schreibtischinhabers vor und übersetzt mir nun das Anliegen ihres Vaters. Er wolle ein Dokument von einem polnischen Amtstierarzt, dass die Gesundheit der Hunde bescheinigt. So etwas hatte ich mir schon gedacht. Ich erkläre ihr, dass es dafür kein Dokument braucht, da es eine Seite im EU-Heimtierausweis gibt, auf der diese Information hinterlegt ist. Mit Stempel und Unterschrift und überhaupt. Sie versteht und ich gebe das Telefon zurück. Ein heftiger Wortschwall folgte, dann bekomme ich das Telefon wieder in die Hand gedrückt. Leider brauche ihr Vater aber trotzdem dieses Dokument, erklärt mir die Stimme immernoch freundlich, fast entschuldigend. Nun gibt es kein zurück mehr, ich fabuliere von den Anweisungen deutscher Amtstierärzte, von unserem Urlaub mit den Hunden und ergänze alle mir fehlenden englischen Worte durch Unverständliches. Und gebe das Telefon an den Vater zurück.

Dieser rauft sich wieder die Haare und lässt sich von seiner Tochter vorsprechen: „I don´t know what to do with you“. Und legt auf.

Alle grinsen. Ich auch. Er auch, aber nur kurz. Nach dem folgenden Blickduell öffnet er seine Schreibtischschublade. Sie ist leer, bis auf einen einzigen Stempel. Noch einmal stöhnen, dann bekommen wir ihn auf unseren Laufzettel gedrückt. Also nix wie weg hier!

 

Die Odyssee ist noch nicht zu Ende. Jetzt geht es zu Zimmer 9. Hatte man Philipp gesagt. Zumindes die Zahlen können wir ja lesen. Also klopfen, Tür auf: „Sprrrrächen Sie Deutsch?“ Ja! Wir sind glücklich, endlich versteht man uns. Dachten wir. Die Dame hinterm Schreibtisch grinst, nimmt unsere Pässe und spricht ab da an nurnoch ukrainisch mit dem gelangweilten jungen Grenzer, der mit deinem Smartphone beschäftigt ist. Aber sie drückt uns einen Zettel in die Hand, mit dem wir dann zur „Bank“ müssen. Diese Kassenstelle der Grenze finden wir irgendwie auch, wechseln ein paar Worte mit einem Trucker der das Drama beim Veterinär mitbekommen hatte, schimpfen gemeinsam auf die Bürokratie, bezahlen zwei Euro für irgendwas und gehen mit dem Beleg zurück zu Zimmer 9. Dort bekommrn wir unseren Stempel auf den Laufzettel. Zurück zum Wärterhäuschen, böser Blick, wir haben vergessen unsere Pässe kopieren zu lassen. Aha. Also wieder ins Office. An einer Zimmertür gibt es ein Kopiererpiktogramm. Zum Glück. Der Herr dort weiß auch ohne unsere Anweisung, was er kopieren muss. Auf seinem Kalender klebet ein neongelber Aufkleber mit einem Totenkopf und der Aufschrift „Stopp Russia“. Wir staunen nicht schlecht. Mit unserer Kopie gehts dann wieder zum Wärterhäuschen. Noch hier unterschreiben und da unterschreiben und dann fertig. Finish? Jaja, go! Na das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Die Olga steht mitlerweile mutterseelenallein an der Grenze, alle anderen haben es schneller geschafft als wir.

 

Die letzte Schranke öffnet sich nun gegen Vorlage unseres zigfach abgestempelten Laufzettels. Die Grenzer zeigten „Daumen hoch“ für Olga.

 

Wir habens geschafft. Ukraine wir kommen!

 

 

Kleiner Nachtrag, für alle die mit Hunden in die Ukraine reisen wollen: Der Grenzer hatte recht, man braucht eigentlich ein Amtstierärztliches Attest. Wenn man, wie wir, keine Lust darauf hat sich in Polen durchzufragen, wo und wie man das ausgestellt bekommt, dann sollte man sich darauf einstellen, dass es an der Grenze lustig werden könnte...

 

Dagegen haben die grüne Versicherungskarte, der Tollwuttiternachweis, unsere Krankenversicherung und meine umfangreiche Hausapotheke niemanden interessiert. Auch ob die Chipnummern in den Pässen zu den Hunden passen war irrelevant, die Hunde mussten das Auto auch nicht verlassen. Einzig und allein das DOKUMENT wäre wichtig gewesen ;)

 

 

Und dann der Schock: In der Ukraine sieht es exakt aus wie in Rumänien! Ich bin überwältig. Gänse und Hühner auf den Grünstreifen am Straßenrand, Kühe werden gehütet, bunte kleine Häuschen und Zäune, Straßenhunde, unmengen Menschen an den Bushaltestellen. Dazu brechend volle Straßen und eine sehr rumänische Fahrweise. Das alles hatte ich erst hinter der nächsten Grenze erwartet! Wir fahren und schauen und fahren und schauen. Und verfahren uns. Ich habe Mühe die kyrillischen Buchstaben im Atlas schnell genug mit den Straßenschildern abzugleichen. Plötzlich Schotterstraße, Schlaglöcher, Staub. So wird das nichts. Also der verzweifelte Versuch das W-Lan zu aktivieren um uns wenigsten auf die richtige Straße leiten zu lassen. Es klappt irgendwie, wir finden heraus aus dem Chaos. Wenige Minuten später eine knapp 50€ teure Handyabrechnung. In der Eile leider die falsche Vertragsoption gewählt. Aber auch die richtige wäre kaum billiger gewesen. Also doch selber navigieren. Auch das ist nur eine Übungssache. Klappt schon irgendwie. Aber ein Schlafplatz ist nicht in Sicht. Überall Häuser, jedes freie Plätzchen ist Sonntag abend bei Sonnenschein mit grillenden Menschen überfüllt. Weiterfahren. Als die Sonne hinterden Bergen verschwindet parken wir entgegen unseren Gewohnheiten einfach neben der Straße an einem Friedhof. Wir waren uns einig – heute können wir überall schlafen.

 

Am nächsten Tag geht es weiter. Kilometer um Kilometer fahren wir staunend durch dieses quirlige Land. Mittagsrast am Fluss. Eine Frau steht schon im Bikini im knietiefen Wasser und sonnt sich. Die Hunde sind froh über die Abkühlung. Wir laufen extra um die nächste Kurve, da wir Seife mitnehmen um gleich ein bisschen sauber zu werden. Als wir zurückkommen steht ein Mann im Fluss uns schäumt sich die Haare ein. Auch er kam mit dem Auto und hatte schon den Grill angezündet. Weiter geht’s. Die goldenen Kirchendächer blenden in der Sonne, am Straßenrand werden auf kleinen Hockern Kürbisse und Äpfel zum Verkauf angeboten. Die Hocker erinnern mich an das Grenzbüro... Die Straßen sind voller Autos, die Gehwege voller Menschen, nirgendwo ein Parkplatz. Tanken können wir wirklich günstig, knapp 80 Cent kostet der Liter Benzin.

Wir fahren und fahren, wie im Rausch. Das Navigieren klappt immer besser, nur einmal fragt Philipp zur Sicherheit mit dem Atlas in der Hand nach dem Weg. Die Ukraine ist nicht nur wie Rumänien, sie ist ein Rumänienkonzentrat. Es wird später, die Sonne versinkt wieder hinter den Bergen und wir sind ohne es zu wollen schon wieder kurz vor der nächsten Grenze. Völlig fertig von allen Eindrücken suchen wir uns einen Nachtplatz zwischen den Feldern.

 

 

Am nächsten Morgen das altbekannte Gefühl – Grenzangst. Eigentlich war ich mir sicher, wenn wir in die Ukraine kommen, kommen wir auch ganz locker wieder raus, die Rumänen sind doch entspannt. Jetzt fühlt sichs wieder ganz anders an. Wir haben natürlich immernoch kein Amtstierärztliches Attest, hoffentlich geht das gut. Nach wenigen Kilometern schon der Schlagbaum und unser beliebter Laufzettel. Diesmal etwas längere Autoschlangen, wir reihen uns ein. Nichts passiert. Vor uns wird ein Auto aus der Schlange gewunken, Zollkontrolle. Der Malinois freut sich als einziger darüber dass er suchen darf. Wenn uns das blüht...

 

Statt dessen wird die Olga eher oberflächlich betrachtet, ah dogs, erste Seite vom Impfausweis aufgeschlagen, ok. Das wars schon? Grandios. Der Grenzer verschwindet mit unseren Pässen. Wir sind jetzt die ersten in der Autoschlange. Und kommt zurück. „Quitanca?“ Ähm, was bitte? Ich versuche es mit dem Standartproblemlösedokument und halte die Hundeimpfausweise hin. No, Car, Quitanca! Wir such pflichbewusst in unseren Unterlagen, halten ihm Versicherungskarte und KFZ-Schein in Kopie vor die Nase. Er schüttelt den Kopf und geht wieder? Wir schütteln auch den Kopf. Noch einer Minute steht er wieder da. Quitanca? Hätten wir jetzt irgendwas bezahlen müssen? Müssten wir eine Quittung haben? Wir zucken die Schultern. Hinter uns werden die anderen Autofahrer unruhig. Sie sind eigentlich fertig mit der Grenzkontrolle. Das Spiel wiederholt sich. Wir werden aufgefordert umzuparken. Quitanca fehlt immernoch. Kopfschütteln auf beiden Seiten. Wir sollen mitkommen. Eine junge Kontrolleurin übersetzt: wir bräuchten einen Nachweis, dass wir bei der Einreise diese zwei Euro bezahlt hätten. Philipps Argument, dass wir ja nicht hier sein könnten, wenn wir nicht bezahlt hätten, überzeugt niemanden. Ich bin mir sicher, dass wir keine Quittung bekommen haben. Wir sollen warten. Wir warten vor dem Wärterhäuschen. Unser schwer gestresster Beamter taucht hinter seinem Computerbildschirm ab. Immer wenn er kurz aufschaut fixiere ich ihn, damit er nicht vergisst, dass hier noch jemand wartet. Nach einer kleinen Ewigkeit kommt er raus zu uns. Um zu rauchen. Wir könnten auch im Auto warten, meint er. Warum ich plötzlich ukrainisch verstehe, weiß ich auch nicht. Philipp ist genervt, ich finde es lustig. Solange keiner etwas von den Hunden will, kann ich das ganze als ziemlich schlecht insziniertes Theaterstück betrachten. Wir essen Kekse und warten. Irgendwann kommt unser Wärter mit einem Zettel. Wir sollen wieder zur „Bank“ und nochmal bezahlen. Alles klar. Kein Problem. Seine Richtugnanweisung ist vage, wir fragen uns durch. Und landen auf der Seite der Grenze, auf der man in die Ukraine einreisen kann. Da ist dann auch die Bank. Heute ist der Betrag deutlich höher. Aber die knapp 10 Euro sind beinhalten bestimmt die Quitancaverluststrafe.

Mit einer neuen Quitanca laufen wir zurück zum Wärterhäuschen. Und warten. Bis wir hinendürfen um wieder irgendetwas zu unterschreiben. Dann gibts endlich den Stempel. Fertig. Wir fahren in Richtung Rumänien. Als wir unseren Laufzettel abgeben wollen, ernten wir genervtes Kopfschütteln. Der Stempel der Personenkontrolle fehlt! Na super, also wenden und wieder zurück. Die Pässe also noch zur Peronenkontrolle. Die Dame möchte aber auch die Fahrzeugpapiere. Philipp sprintet quer über das Grenzgelände zur Olga. Wir wussten nicht, dass Olga auch als Person gilt. Wieder warten, wieder stempeln. Während bei der Einreise das Passfoto mit der Person verglichen wurde, interessiert das jetzt niemanden. Hauptsache irgendein Pass. Fertig, na endlich.

Zurück zur Laufzettelabgabe. Diesmal geht die Schrake auf. Leider kann man hier kein Geld wechseln. So hoffen wir auf unsre verbliebenen Euro, falls Geld nötig sein sollte.

 

Die rumänische Grenzstation wirkt irgendwie winzig. Das soll sie nun sein, die EU-Außengrenze? Plakate weisen darauf hin, keine Tiere oder tierischen Produkte aus der Ukraine einzuführen. Das Antikorruptionsplakat gibt es sogar auf Deutsch. Keiner sagt uns wo wir hinfahren müssen, keiner gibt uns einen Laufzettel. Statt dessen stehen einzelne Personen mit tiefen Augenringen und abgerissenen Klamotten in der Gegend herum und versuchen uns klar zu machen, dass sie bei uns mitfahren wollen. So deuten wir die Gesten jedenfalls. Wir lehnen ab. Neben uns wird durch das Autofenster schwarz Geld gewechselt. Viele steigen aus und laufen unruhig zwischen den Autos umher. Angespannte Stimmung. Im Schrittempo geht es vorwärts. Irgendwann kommt auch ein Grenzer zu uns und nimmt uns unsere Pässe ab. Danach kommt ein Zöllner vorbei, kramt sein Englisch hervor und möchte wissen, was unser Ziel in Rumänien ist. Campulung kennt er nicht. Als er hört, dass wir Touristen sind, müssen wir nichteinmal das Auto öffnen. Dann das obligatorische „Carcontroll“ - oh dogs, have you passports? Eine kleine Erläuterung in perfektem Englisch, dass hier eigentlich keine lebenden Tiere eingeführt werden dürfen. Aber egal. Ich dränge ihm die Hundepässe fast auf, er nickt nur, möchte sie aber nicht haben. Fragt mich statt dessen ab: Medikamente aus der Ukraine? Drogen? Alkohol? Ich verneine alles. Neben der vollen Weinflasche, die ich im Eifer übersehen habe. Auch egal. Wir bekommen unsere Pässe zurück. Der Grenzer fragt jetzt was ihn wirklich interessiert: nämlich ob Olga mal ein Feuerwehrauto war. Da freut er sich, nickt und wünscht eine gute Reise. Wir sind drin in der EU, in Rumänien! Alles fast wie in der Ukraine hier, nur dass ich die Schilder wieder lesen kann und dass alles ein bisschen gemütlicher ist.

 

Es war ein kurzer Ausflug in die Ukraine, viel zu kurz. Keine Chance um sich auf dieses Land wirklich einzustellen und einzulassen. Einandermal. Aber diese aufregende Abkürzung hat sich gelohnt. Wir haben viel gelernt auf unserem Weg als Reisende.

 

 

 

Perspektivwechsel

 

Im Baltikum hatte uns das kalte Wetter des langsam heranziehenden Herbstes eingeholt und letztlich auch ein bisschen vertrieben. Es wird wohl kein Abschied für immer gewesen sein.

Beim Blick auf die Karte war eigentlich klar, dass wir nun durch Polen, die Slowakei und Ungarn Richtungen Rumänien fahren, um dann dort am Schwarzen Meer anzugelangen. Ein zweiter Blick verdeutlichte uns aber auch, dass wir bei einer Fahrt durch die Ukraine wesentlich schneller in Rumänien wären. Zudem könnten wir statt zwei Ländern, die wir schon bereist haben, die Chance nutzen und die Ukraine kennenlernen.

 

Seit einiger Zeit darf man dieses Land 90 Tage lang ohne vorher beantragtes Visum bereisen. Und da wir schon im Baltikum der Versuchung widerstanden hatten, doch noch ein Visum für Russland zu beantragen, entschieden wir uns nun kurzfristig für die Abkürzung durch die Ukraine und die kurzzeitige Ausreise aus der Europäischen Union. Die nötigen Dokumente haben wir eigentlich alle dabei, da wir später auf dem Balkan womöglich auch noch durch Nicht-EU-Länder reisen werden, sogenannte Drittstaaten.

 

Am Tag zuvor steigt die Spannung und die letzte Nacht in Polen ist eine schlaflose. Noch nie haben wir die EU verlassen und derartige Grenzkontrollen erlebt. Wir wissen nicht, was uns erwartet.

Anders als an den innereuropäischen Grenzen stehen hier wirklich Zäune, jede Menge Schranken, Ampeln, Hinweisschilder und Uniformierte.

Die Polen sind kurz angebunden, werfen einen Blick in die Reisepässe, einen zweiten Blick ins Auto und wollen dann noch die Dokumente für die Hunde sehen. Wir fallen natürlich auch etwas aus der Reihe mit unserer Oldtimer-Feuerwehr und den vier Hunden. Der uniformierte polnische Grenzbeamte verschwindet kurz mit den EU-Ausweisen der Hunde und kehrt dann mit einer Kollegin zurück. Diese blättert zunächst einige Sekunden lang orientierungslos durch die vier Dokumente.

Scheinbar ist ihr Englisch nicht gut, die Pässe aber lediglich in Deutsch und Englisch gekennzeichnet. Es wird eine dritte Kollegin dazubeordert und wir reichen netterweise die Zertifikate für den Tollwut-Titter nach.

Nach wenigen Minuten haben die Damen ausreichend durch die Pässe geblättert und so getan als wüssten sie, was sie tun. Der Uniformierte öffnet uns die Schranke und verabschiedet uns mit einem deutschen „Auf Wiedersehen!“. War das eine dunkle Vorahnung etwa?

 

Wir schnaufen einmal durch und parken im Niemandsland zwischen Polen und Ukraine, um unsere letzten Zloty in ukrainische Kopeken zu wechseln. Umrechnungskurs für Euro: 1 Euro = 31 Kopeken. Plötzlich haben wir richtig viele große Scheine in der Geldbörse.

Wir reihen uns nun bei den ukrainischen Beamten ein. Es bleibt allerdings schwierig herauszufinden, wo genau unsere Olga nun einzureihen ist. Vom Gewicht her ist sie ein PKW. Zugelassen ist sie aber als Sonder-Kfz mit Oldtimer-Kennzeichen. Vom äußeren her ist sie eindeutig eine Feuerwehr, wenn auch eine betagte. Wir reihen uns also hier mal bei den Transportern und LKW ein.

 

Ein kleiner Fehler, wie sich später herausstellt, denn wir transportieren keine Waren, was die LKW und Transporter in unserer Schlange aber tun und deshalb hier stehen. Ist aber weniger schlimm, denn kaum unter dem Hochdach des Grenzpostens angekommen, steigen die anderen Kraftfahrzeuglenker aus ihren Karossen und wuseln wie wild umher. Dabei immer ihre Dokumente in den Händen nach vorne gestreckt. In der Hoffnung, einer der Beamten möge diese an sich nehmen und das begehrte Stempelchen reindrücken.

 Wir werden aber noch feststellen, dass nicht jeder Beamte hier stempeln kann.

 In Anlehnung an die anderen steige also auch ich aus dem Wagen, unsere Papiere dabei und laufe zu einem der kleinen, undurchsichtig verglasten Häuschen. Dort angekommen reihe ich mich in die Schlange ein, beobachte genau, was die alten Hasen des Grenzübertritts tun und versuche nach außen entspannt zu wirken.

 Als ich an der Reihe bin, verlangt die Beamtin auch Christin zu sehen. Sie möchte das Original mit dem Passfoto abgleichen. Christin ist allerdings am Auto gerade in die Fahrzeugkontrolle bei einem weiteren Beamten verwickelt. Mein Versuch, der Beamtin das Original in der Ferne zu zeigen, genügt ihr nicht.

 

Ich laufe also zu Olga zurück, muss aber die Pässe bei der Beamtin lassen, die ihr Fensterchen wieder verschließt. Am Wagen angekommen ist die Fahrzeugkontrolle bereits wieder vorbei. Das wird sich auch so fortsetzen. Beim Anblick Olgas lächeln alle, wollen es dann aber doch nicht zu genau wissen.

 

Nachdem die Beamtin nun das Original leibhaftig vor sich sieht und überzeugt ist, dass es sich um die Person auf dem Foto handelt, schickt sie uns zur „Custum-Control“. Warum auch immer, denn ich habe schon mehrfach auf Englisch betont, dass wir Touristen mit einem, zugegeben, ungewöhnlichen „Camping-Car“ sind.

 

Die nächste Dame der „Custom-Control“ ordnet an, die hinteren Türen zu öffnen. Zu verzollende Waren findet sie, wie überraschend, keine, doch nun hat sie ihr Augenmerk auf die vier Hunde gerichtet. Und jetzt beginnt unsere kleine Odyssee.

Eine weitere, etwas jüngere Beamtin wird hinzugezogen, denn diese spricht Englisch. Sie wollen die Pässe unserer Vierbeiner sehen. Dann schicken sie uns los. Unsere Reisepässe habe ich immer noch nicht zurück, denn diese liegen nun bei der „Custum-Control“.

Die junge Beamtin erläutert, dass wir nun im „Office“, einem etwas größeren blau umrahmten Gebäude, gehen müssen. Dort hinein, dann links den Flur bis zum Ende und dort die letzte Tür auf der linken Seite. In diesem Raum fänden wir den Veterinär. Dann müssten wir in Raum 8, was wir dort sollen, sagte sie nicht oder ich habe es in der Eile vergessen. Danach zur Bank, wegen der „Tax for your car“. Von der Bank wieder zum Office-Raum 8 und dann eine Kopie in einem anderem Raum anfertigen lassen. Wovon wir eine Kopie brauchen und warum, verrät sie nicht. Nach all dem dann wieder zurück zu ihrer Kollegin.

Also marschieren wir los und stellen erst hinterher fest, dass unsere Olga mit den Hunden während der ganzen Zeit unverschlossen am Grenzschalter stand. Auf meine Frage, ob die Hunde auch mit zum Veterinär müssten, denn der soll ja feststellen, ob diese in einem guten Zustand sind, antwortet sie mit einem unsicheren nein.

Der Raum des Veterinärs ist schnell gefunden, denn es gibt in diesem linken Flur nur eine Tür. Daran stehen jede Menge Wörter in Landessprache und im Raum selbst sitzen drei Beamte. Der Raum selbst wäre in Deutschland maximal für einen Beamten und seine Zimmerpflanze zugelassen. Hier stehen vier abgenutzte Schreibtische, mehrere billige Regale mit schiefen, angegilbten Aktenordnern und mitten im Raum eine elektrische Heizung. Auf einem Fensterbrett liegt eine dröhnende elektrische Klimaanlage und in der hintersten Ecke sehe ich das Ende eines Sofas, auf dem ausgestreckt eine Person liegt. An der Wand hängt ein Kalender von 2014. Wahrscheinlich, weil das Bild darauf so schön ist und hier sowieso jeder Tag wie der andere.

Ob der Beamte wirklich ein Veterinär ist oder was ganz anderes, bleibt offen. Jedenfalls spricht hier keiner Englisch. Die beiden andere Beamten versuchen angestrengt wegzuschauen oder sich in ihrer Whatsapp-Nachrichten zu vertiefen. Der Veterinär, ich nenne ihn mal so, schaut argwöhnisch, fühlt sich am Sonntag in seiner Nachmittagsruhe gestört und weiß offensichtlich nicht so recht, was wir von ihm wollen. Er blättert durch die Pässe und will uns nun zu verstehen geben, dass es ein Problem gibt.

Mal ganz abgesehen davon, dass er sich wohl nicht vorstellen kann, dass zwei Leute mit ihren vier Hunden aus touristischen Gründen von Polen in die Ukraine einreisen wollen.

Dann verstehen wir, dass etwas fehlt. Ein Zertifikat. Die Tollwut-Titter Dokumente sind es jedoch nicht, denn die hat er in seinen Händen, kann sie aber nicht lesen, denn diese sind auf Deutsch.

Er läuft aus dem Büro und bittet uns zu folgen, dann klappern wir andere Räume ab und suchen offenbar jemanden. Wen auch immer.

Als wir keinen finden, landen wir wieder an seinem Schreibtisch, wo er einen kleinen Hocker heranzieht, auf dem Christin nun platznimmt. Er greift zum Handy und ruft seine Tochter an. Ich hatte zwar erst „the doctor“ verstanden aber er meinte wohl „the daughter“. Christin darf nun mit der Tochter des Beamten telefonieren, denn diese spricht wesentlich besseres Englisch als ihr Herr Vater. Die Kollegen feixen in sich hinein.

Die Tochter entschuldigt sich mehrfach, dass ihr Vater nix versteht, versucht zu dolmetschen und am Ende diktiert sie ihm den Satz, den er dann laut nachspricht: „I don't know, what to do with you!“ Tja, und nun?

Er stößt Flüche aus, grinst uns an, hebt die Hände zum Himmel, rauft sich die Haare und greift dann doch neben sich.

Als der gute Mann seine Schreibtischschublade öffnet, wird mir einiges klar. Hier in diesem Office hat jeder seine Aufgabe, aber immer nur eine.

Einer kann Passbilder mit Menschengesichtern abgleichen, ein anderer macht den lieben langen Tag Kopien (wirklich!) und dieser Herr hier, hat in seiner Schublade genau zwei Stempel. Er kann stempeln und er tut es nun auch. Sogar mit dem richtigen Stempel. Endlich!

Nun also in Raum 8. Dort erwartet uns eine Dame mittleren Alters mit dem einzigen deutschen Satz, den sie kann: „Sprechen Sie Deutsch?“

Auch sie will nun unsere Pässe sehen, klimpert Daten in ihren Computer ein und schickt uns nun mit einem jungen Beamten in Uniform nach draußen. Er weist uns den Weg zur Bank. Dort sollen wir eine Steuer für Olga bezahlen. Die Bank befindet sich in einem Haus, an dem in großen Lettern „Cafe & Bar“ angeschlagen steht. Im Inneren ein stickiger kleiner Raum mit Schalter, wo wir unsere 2 Euro oder 62 ukrainischen Kopeken „Tax“ bezahlen. An dieser Stelle erhalten wir eine Quittung, die später noch wichtig sein wird. Ein gut gelaunter LKW-Fahrer, den ich schon zu Beginn um Rat fragte, stellt fest, dass das hier ganz schön viele Bürokratie ist und wünscht uns eine gute Reise. „Wollt ihr auf die Krim?“, fragt er noch in gebrochenem Deutsch.

In Raum 8 zeigen wir die Quittung vor, vergessen die Kopie, laufen deshalb vom Grenzposten nochmal ins Office, wo in Raum 7 tatsächlich ein Kopierer steht und der entsprechende Fachbeamte, der uns fachmännisch ohne viele Worte eine Kopie von Fahrzeugschein und Pass des Halters anfertigt. Auch in diesem Raum bleibt mein Blick am Kalender hängen, auf dem ein Sticker mit der Aufschrift „Stop Russia!“ und dem Konterfei Präsident Putins abgebildet ist.

Vor dem Office steht der Herr Veterinär und raucht. Er fragt, ob wir alles haben, wir nicken und er freut sich. Ein stressiger Tag geht nun auch für ihn langsam dem Ende entgegen.

 

Während all der Zeit haben wir einen kleinen, maximal A6-Zettel mit uns herumgeschleppt. Ein Laufzettel, auf dem jeder Beamte und jede Beamtin ihren Stempel oder ihre Unterschrift oder ihren Haken gesetzt hat.

 

Olga steht noch dort, wo wir sie zurückgelassen haben, nur die LKW sind bereits abgedampft. Die Grenze ist leer an diesem Sonntag. Wir fahren vom Grenzposten weg und müssen nun ein letztes Mal an einer Schranke halten.

Hier steht der Mann, dessen Aufgabe darin besteht Laufzettel einzusammeln. Wer nicht alle Stempel hat, darf zurück.

Neben ihm stehen an einem Armee-Jeep etwa acht Soldaten und grinsen. Worin deren Aufgabe besteht, wollen wir heute lieber nicht auch noch herausfinden...

 

 

Und nun sind wir drin in diesem fremden Land, dessen Name in den letzten Jahren so oft in den Nachrichten kursierte. Doch die Krim, Kiew und der Bürgerkrieg sind weit weg. Das Leben hier, 70 Kilometer vor Lemberg (L'viv), ist davon in unseren Augen kaum berührt. Lediglich ein paar Plakate mit Putin und Kriegsbildern hängen an den Masten.

Schon in anderen Ländern konnten wir die Sprache nicht lesen, weil wir die Übersetzung der Wörter nicht kennen. Hier können wir nicht mal die Wörter lesen, weil wir der Schrift nicht mächtig sind.

Das Navigieren wird dadurch und durch die unzureichende Beschilderung schwierig. Es ist zudem Sonntag und überall pulsiert das Leben. Auf dem Plätzen, in den Straßen und selbst die Picknickplätze im Nationalpark vor Lemberg sind überfüllt.

An einem See plötzlich unzählige polnische Nummernschilder und Menschen, die am Ufer stehen und Angeln. Fährt der Pole in die Ukraine zum Angeln?

Die Grenze hat uns geschafft, wir sind müde, wollen einen Nachtplatz finden und haben es schwer. Die Straßen in den Ortschaften sind marode, löchrig und ein einziger Flickenteppich. Die Landstraßen sind von besserer Qualität. Letztendlich parken wir an einer viel befahrenen Straßen an einem Friedhof und fallen müde ins Bett.

 

Für die Ukraine hatten wir uns keinen Plan gemacht, kein Ziele herausgesucht, keine Nachforschungen angestellt. Wir fahren also am nächsten Tag einfach drauflos. Es ergibt sich an den Straßenrändern ein Bild, dass in vielem Rumänien gleicht. Doch es ist dennoch anders. Irgendwie sind die Menschen hier aktiver, die Schilder hier greller, der Verkehr hier noch schneller und verrückter.

Was uns auch auffällt ist der Müll, der plötzlich wieder überall herumliegt. Zur Mittagspause halten wir an einem Fluss, gehen baden, waschen Wäsche, denn das Flusswasser ist klar und scheint sauber. Doch an den Ufern stapeln sich die Abfälle.

 

Die Landschaft hört auf flach zu sein und ist begeisternd schön. Die Felder sind in ganz viele kleine Acker unterteilt. Hier und da stehen Traktoren oder Pferdefuhrwerke und auf den Feldern wird geerntet oder die Furche nachgezogen.

Die Dörfer und Städte sind staubig, es ist flirrend heiß, der Smog steht über dem Asphalt und so rollen wir dahin. Wieder finden wir lange keinen geeigneten Schlafplatz. Bei all den Eindrücken und der Andersartigkeit dieses Landes gegenüber Polen oder dem Baltikum, fällt es mir schwerer neben dem Fahren auch die Dinge am Straßenrand bewusst aufzunehmen, die es wert wären. So sitzen zum Beispiel sehr häufig Frauen und Männer direkt am Straßenrand in Schubkarren. In diesem haben sie Obst und Gemüse herangekarrt, welches sie nun den Vorbeiziehenden anbieten.

 

So sind wir an unserem zweiten Tag in der Ukraine über 300 Kilometer gefahren und finden dann etwa 10 Kilometer vor der Grenze zu Rumänien zwischen Feldern einen Platz zum schlafen. Am Abend ziehen ein paar Kinder, ein paar Bauern und eine Straßenhundegang vorbei.

 

Unser Aufenthalt in der Ukraine war kurz aber der zu verarbeitende Input reicht sicher noch für einige weitere Tage und Nächte. Am 12. September verlassen wir dieses Land. Die Grenze zu Rumänien ist wieder anders. Zu den Gewitterwolken am Himmel kommen düstere Grenzgebäude, enge Fahrbahnen und mysteriöse Gestalten am Rande.

 

Fahrzeugkontrolle und Passkontrolle laufen auch hier problemlos und schnell ab. Aber dann folgt der Moment, wo der Grenzbeamte von uns eine Quittung sehen möchte, die bestätigt, dass wir bei der Einreise vor zwei Tagen die bereits erwähnte „Tax“ bezahlt haben. Nur finden wir diese Quittung in unseren Unterlagen nicht. Mehrfach läuft er nun in sein kleines Grenzwärterhäuschen, kehrt zu uns zurück und fragt jedesmal wieder nach dieser Quittung und jedes Mal wieder versuchen wir zu erklären, dass wir diese nicht haben.

Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass wir nicht hätten einreisen können, wenn wir diese zwei Euro nicht bezahlt hätten. Wir wären also gar nicht in der Lage heute den Versuch der Ausreise zu wagen, wenn wir diese zwei Euro nicht bezahlt hätten. Und dieser Mann weiß auch, dass wir heute nicht vor ihm stünden, wenn wir diese zwei Euro nicht bezahlt hätten.

Trotzdem kommt er nun seelenruhig aus seinem kleinen Kämmerchen, steckt sich erstmal genüsslich eine Zigarette an und sagt zu uns, wir sollten derweil im Wagen warten.

An dieser Stelle bemerke ich, wie ich kurz versucht bin, jetzt hier sofort, wie man bei uns so sagt, ein Fass aufzumachen. Christin jedoch, die diese Art von ritualisierter osteuropäischer Bürokratie bereits aus Rumänien gewohnt ist, überzeugt mich zum Auto zurückzugehen.

Ich verkürze die Prozedur an dieser Stelle. Er drückt uns schließlich einen Zettel in die Hand, weist uns den Weg zur Bank und dort zahlen wir umgerechnet etwa 9 Euro. Wir reisen also quasi nochmal ein, zahlen eine „Verlustgebühr“ für die verlorengegangene Quittung, um dann zwei Minuten später endlich auch wieder ausreisen zu dürfen.

 

An der Schranke stellt die ukrainische Uniformierte mit Regenschirm fest, dass die Passkontrolle auf unserem Laufzettel nicht gestempelt hat. Also wieder zurücksetzen, das Auto am Rand parken, die Damen der Passkontrolle nochmal nerven und dann sind wir draußen.

 

Die Einreise in das EU-Land Rumänien ist kurz. Eine Person kontrolliert Pässe, Fahrzeug und Hunde. Freundlich weist er noch darauf hin, dass über diesen Grenzposten eigentlich keine lebenden Tiere transportiert werden dürfen, was aber nirgendwo ausgeschrieben steht und winkt uns dann durch: „Welcome in Romania and have a nice trip!“

 

Was keiner der Grenzbeamten kontrolliert hat, sind die Inhalte unserer Schränke, ob unsere Hunde wirklich gesund sind oder ob unser Auto fahrtauglich ist. Auch ob die Hundepässe wirklich zu diesen Hunden gehören, hat keinen interessiert. Einem Zollkontrolleur genügte es, dass wir uns als Touristen ausgaben, dann wollte er plötzlich nicht mehr nach unserer Ladung schauen.

 

Wenn Grenzkontrollen offensichtlich nur bürokratische Rituale sind. Wozu dann noch Grenzkontrollen?

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