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Von Hunden und Menschen

 

Vielleicht muss man ein bisschen verrückt sein, um den Reiz Rumäniens zu verstehen.

 

Eine gewisse Neigung zu Chaos ist hilfreich und der Wille sich immer und immer wieder überraschen zu lassen. Den deutschen Blick auf die Dinge abzulegen, dem Zufall eine Chance zu geben.

 

 

 

Immer wieder fesselt mich dieses Land voller Gegensätze. Stellt meine Überzeugungen in Frage.

 

Es wäre leicht die Menschen auf den Dörfern wegen ihrer materiellen Armut und ihrem körperlich harten Leben zu bedauern. Aber es würde ihnen nicht gerecht. Sie sprechen uns an, lachen mit den wenigen verbliebenen Zähnen herzlich, laden uns mit ein paar Worten und vor allem Gesten zu sich ein. Uns Wildfremde, die kaum ein Wort ihrer Sprache sprechen, in ihr Zuhause.

 

Sind vielleicht eher viele Deutsche arm, denen es mit ihrer prophylaktischen Angst nicht im Traum einfiele, Fremde als Gäste, als Quelle der Freude zu betrachten?

 

Es liegt mir fern das Leben und die Menschen hier zu idealisieren. Sie sind weder besser, noch schlechter. Sondern anders, zum Glück.

 

 

 

Und dann gibt es diejenigen, die noch ein bisschen verrückter sind. Die sich aufopfern, den Kampf gegen Windmühlen kämpfen, egal wie aussichtslos er scheint. Die sich weigern vernünftig zu sein und berechnend. Die Idealisten, die gerade deswegen so beherzt zupacken, weil sie mit dem Herzen denken. Statt auf „die anderen“ zu warten, noch deren überheblich hochgezogenen Augenbrauen aushalten. Es gibt sie, überall. Es sind die Menschen, die mich inspirieren, meine Vorbilder sind, mich anspornen. Die mutiger sind als ich. Die Straßenhunde führten mich zu ihnen.

 

 

 

Vor drei Jahren war ich auf der Suche nach einer Alternative. Ich hatte den Irrsinn des staatlichen Hundetötens in Rumänien live erlebt. Mehrfach, als Praktikantin des euthanasierenden rumänischen Tierarztes. Und die scheinheiligen Argumente, dass dieses Hundeproblem nicht anders zu lösen sei. Ja, man den Hunden doch einen Gefallen tue. Statt eingesperrt zu leben, wären sie sicher lieber tot.

 

So rechtfertigte er sein Tun. Und verkauften nach Feierabend Rassehundewelpen.

 

 

 

Doch statt „die Rumänen“ zu verteufeln bin ich damals in den nächsten Zug gestiegen. Es gibt immer mehr als eine Wahrheit. Durch einen glücklichen Zufall bin ich in Campulung gelandet. Und habe 800 ehemalige Straßenhunde kennengelernt, die innerhalb weniger Stunden alle diese Argumente entkräfteten. Aber möglich ist das nur, weil hier Menschen leben und arbeiten, die eben ein bisschen verrückter sind. Und die Unterstützung von ebensolchen Verrückten erhalten.

 

Neben der finanziellen und materiellen Unterstützung, die das Überleben der Hunde sicherstellt, ist es auch die ideelle Unterstützung, die so unendlich wichtig ist. Neben den vielen wunderbaren Glücksfällen, ereignen sich immer wieder grausame Tragödien. Liebevoll umsorgte Welpen sterben trotzdem an Parvovirose und Staupe, jahrelang betreute Tierheimhunde werden in Beißereien lebensbedrohlich verletzt, überlebenswichtige Medikamente für einen kranken Hund sind nicht aufzutreiben.

 

Diese Ohnmacht ist schwer auszuhalten. Die Schwachen werden vielleicht hartherzig und rational, aber die Tapferen bekämpfen sie mit noch mehr Liebe, mit der Hoffnung vielleicht den nächsten Hund retten zu können.

 

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