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Donaudelta

 

Nach den Tagen in Campulung, wo dann erfreulicherweise auch noch unser Bücherpaket angekommen war, machten wir uns Richtung Donaudelta auf. Über Targoviste, Ploiesti und Buzau erreichten wir zunächst bei Braila die Donau, wo wir mit der Fähre übersetzen mussten.

 

Der Region zwischen Bukarest und dem Schwarzen Meer kann ich landschaftlich weniger abgewinnen, als den Karpaten. Im Norden sind noch in der Ferne die Ausläufer des Gebirges zu erkennen und im Süden erstrecken sich endlose flache Felder bis zum Horizont. Jetzt im Herbst sind die meisten Felder schon abgeerntet und nur ein paar vetrocknete Maispflanzen ergeben hier und da einen Halt für das Auge.

 

Zwischen den Feldern haben wir jedoch annehmbare Schlafplätze finden können, an denen allerdings wie überall in Rumänien der Spruch gilt, dass du dich noch so weit im Nirgendwo, fernab von aller Zivilisation wähnen kannst und dann trotzdem, wie aus dem Nichts, plötzlich ein Pferdefuhrwerk, einer auf dem Fahrrad oder eine Kuh an dir vorbeispazieren.

 

Kurz hinter Braila, auf halber Strecke nach Tulcea standen wir wieder mal ganz allein und direkt am Fluss, an der Donau diesmal. Der Ort heißt Isaccea und auf der anderen Flussseite befindet sich schon die Ukraine. Der Fluss bildet hier eine natürliche Grenze.

 

Unerwartet wird hier das Land nochmal hügelig, obwohl man denkt, es müsste flacher werden, da es auf das Meer zugeht.

 

In Tulcea hielten wir uns nicht lange auf und hoben nur schnell Geld ab. Interessant ist, dass man hier mit hoher Sicherheit einen Bankautomaten findet, wenn man sich nach einer Fabrik oder einem Werksgelände umschaut. Dort gibt es an den Mitarbeitereingängen sehr häufig ganz normale Geldautomaten verschiedener Bankinstitute. Wir benötigten das Bargeld für unsere Bootstour durch das Delta.

 

 

 

In Campulung hatten wir Heike kennengelernt, die mit Hund und Kastenwagen ebenfalls durch Osteuropa unterwegs war. Sie hatte uns den Tipp gegeben, eine Bootstour in dem eher kleinen Ort Murighiol anzufragen.

 

In Murighiol angekommen, merkten wir auch hier das Ende der Saison. Die Pensionen, Hotels und Campingplätze waren leer und meist geschlossen. Am Ende des Ortes entdeckten wir in einem Neubauviertel die Touristeninformation. Dort wollten wir nach einer Tour fragen.

 

Kaum hatten wir das Haus, welches einem Einfamilienhaus glich, betreten, kam die junge Angestellte uns auch schon freundlich grüßend entgegen. Sie sprach perfekt Englisch und telefonierte sogleich einige Touranbieter ab, um für uns noch zwei Plätze zu ergattern. Es wäre kein Problem gewesen, zu dieser Jahreszeit eine Bootstour bei einem der örtlichen Anbieter ganz für uns allein zu bekommen. Nur der Preis für so eine exklusive Runde durch das Delta war uns zu hoch.

 

Am Ende hatten wir Glück und bekamen die Zusage, am nächsten Vormittag bei einer Reisegruppe mitfahren zu können.

 

 

 

Die Nacht verbrachten wir an einem kleinen See, an dem einige Angler am Ufer saßen und später noch ein weiterer deutscher Camper dazustieß.

 

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit hielt ein weißer Transporter direkt neben uns, in dem zwei freundlich lächelnde Männer saßen und mich fragten, was wir hier machen würden und ob wir vorhätten zu angeln. Denn dies sei eine „Fischfarm“ und eigentlich Privatgelände.

 

Als ich versichert hatte, dass wir nicht vorhätten zu fischen, verabschiedeten sich die beiden mit einem „You are welcome!“ und wünschten eine gute Nacht. Und so ist sie, die rumänische Gastfreundschaft. Neugierig, interessiert und bereit, sofort Platz und Essen mit dir zu teilen.

 

 

 

In Deutschland feierte man den „Tag der Deutschen Einheit“, obwohl es aus der Ferne den Eindruck macht, als sei die Gesellschaft gespaltener den je. Und wir ließen uns nun zwei Stunden durch das Donaudelta schippern.

 

Pünktlich halb zehn waren wir am vereinbarten Treffpunkt vor dem Hotel. Die Reisegruppe schlenderte gerade zu den Booten. Als ich an der Rezeption des Hotels noch schnell bezahlen wollte, teilte mir der nette Herr dort mit, dass die Gruppe nun doch schon voll sei. Als ich kurz entgegnete, dass wir doch gestern eine Zusage für eine Bootstour bekommen hätten und uns darauf verlassen hätten, bot er an, ein Boot nur für uns zwei zu organisieren. Natürlich zu einem höheren Preis. Ich war etwas pikiert über diese Absage, nahm dann aber sein Angebot an.

 

Wir warteten auf unseren Guide und lernten währenddessen, wie man hier eigentlich eine Bootstour bucht – in dem man herumsteht. Immer wieder sprachen uns Männer an und wollten uns genau das verkaufen, was wir uns gerade organisiert hatten. Beim nächsten mal dann eben so.

 

15 Minuten später erschien ein junger Typ, der uns die nächsten zwei Stunden chauffieren sollte, aber kein Englisch sprach. Diese Tatsache sollte sich noch als wertvoller Beitrag zu einer sehr schönen Tour herausstellen.

 

Für 250 rumänische Lei, also etwa 30 Euro pro Person, konnten wir nun einiges von dem sehen, was das Delta zu dieser Jahreszeit für seine Besucher zu bieten hat. Darunter Pelikane, Schwäne, Möwen, Enten, Reiher und sicher noch ein paar andere Vögel, die ich aus der Entfernung nicht identifizieren konnte.

 

Die Seerosen waren leider schon verblüht und sind im Hochsommer sicherlich eine Augenweide. Der Vorteil in der Nachsaison ist aber, dass man fast allein unterwegs ist und vor allem, dass es keine Mücken mehr gibt. Den Plagegeistern ist es zu kalt. Neben uns gab es eben noch die Reisegruppe des Hotels auf ihren Booten und einige Fischer und Angler.

 

Ein einziges Mal hat uns der Guide auf eine „Attraktion“ aufmerksam gemacht. Der frühere rumänische Machthaber Ceaucescu hat sich hier in den Sümpfen ein Haus bauen lassen, welches noch zu besichtigen ist.

 

Auch sonst gibt es hier Privathäuser, Hotels, Pensionen, Restaurants und mehr, die nicht auf dem Landweg erreichbar sind, sondern nur mit dem Boot angesteuert werden können.

 

Auf dem Rest der Fahrt schwieg unser Bootsführer und so hatten wir Zeit, an diesem herrlich sonnigen Tag, die Stille auf dem Wasser, den Blick auf die Natur und den Wind um unsere Ohren zu genießen.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Richard Gauch (Dienstag, 10 Oktober 2017 18:56)

    Sehr schöne Bilder und ein sehr guter Reisebericht!
    Habt dafür vielen Dank!