Auf unserer Reise haben wir viele sogenannte „Lost Places – Vergessene Orte“ entdeckt. Ich erinnere mich an die ehemalige Bergbausiedlung Tarnita in den nördlichen Karpaten oder an die stillgelegte Fabrik kurz vor dem wunderbaren Strand in Vadu am Schwarzen Meer.
Gute einhundert Kilometer nördlich von Plovdiv haben wir einen weiteren beeindruckenden Lost Place gefunden.
Doch zuvor war es unsere gestellte Tagesaufgabe in Plovdiv einen Laden zu finden, der uns einen großen Sack gutes Hundefutter verkauft. In vielen kleinen Tierbedarfsläden findet man hier nur bereits offene Futtersäcke, aus denen dann ein kleines Tütchen für den lieben Vierbeiner zu Hause abgefüllt wird.
Was die osteuropäischen Haushunde hauptsächlich zu fressen bekommen, bleibt vorerst ein Rätsel. Doch für unsere vier Hunde brauchen wir alle zwei Wochen einen 20-Kilo-Sack Hundefutter, welches wir bisher häufig in den etwas größeren Tierbedarfsmärkten der Großstädte erworben haben.
Wir konnten unsere Tagesaufgabe erfolgreich erfüllen, denn wir fanden eine Tierarztpraxis mit angeschlossenem Shop und Veterinärapotheke. Gut bestückt verließen wir Plovdiv, das 2019 Europäische Kulturhauptstadt sein wird.
Plovdiv liegt in der Ebene zwischen zwei Gebirgszügen. Wir hatten am frühen Mittag den Steinbruch im Süden verlassen und waren nun auf dem Weg in den Norden. In beiden Gebirgen reichen die Gipfel bis zu 2200 Metern in den Himmel.
Auf einem der Gipfel nördlich von Plovdiv könnte man zunächst versucht sein, an Außerirdische zu glauben. Denn dort steht ein Denkmal, das in seiner äußeren Form sehr stark an das erinnert, was wir gemeinhin als UFO bezeichnen.
Zu Ehren der sozialistischen Bewegung Bulgariens hat man hier 1981 dieses Denkmal errichtet. Es sollen bis zu 6000 Menschen an dessen Bau beteiligt gewesen sein. Bis 1989 war das Gebäude in Betrieb, wurde dann mit dem alten System vergessen und rottet nun seit Jahrzehnten vor sich hin.
Schon verrückt. Da stehen wie überall auf der Welt Denkmäler in der Gegend herum. Da gedenkt man Königen, Kaisern und selbst Diktatoren. Man kann sich Ceaucescus Palast in Rumänien anschauen oder Hitlers Wolfsschanze in Polen oder das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. Zu Recht mahnt man an solchen Orten die Verbrechen untergegangener Systeme an und ist zugleich erschüttert durch die Architektur der Macht.
Dieses Denkmal zerfällt, der Putz bröckelt von den Wänden. Über kurz oder lang wird es in sich zusammenstürzen und ist daher heute abgeriegelt.
Ich habe jedoch mittlerweile gelernt, dass sich die Menschen ihre Wege selber suchen. Und wo etwas faszinierendes und imposantes verschlossen bleiben soll, da finden sie diese Wege. So auch in diesem Fall.
Es ist nicht ganz einfach und bedarf einer Menge Mut und Abenteuerlust. Doch wenn man sich getraut und überwunden hat, dann erwartet einen der Charme des Verfalls, der verblasste Glanz des Vergangenen und die einsame Stille des Vergessenen.
Ein zerfallendes Denkmal für den zerfallenen Sozialismus. Doch wo wird den Mutigen dieser Zeit gedacht? Wie passend, dass wir uns gerade durch das empfehlenswerte Werk des Thüringer Schriftstellers Landolf Scherzer ( zB „Auf Hoffnungssuche an der Wolga“, „Der Rote“) lesen.
Schon sehr oft wurde uns angesichts unserer Reise Mut unterstellt. Für uns fühlt es sich allerdings nicht an, als wäre dieser allein zum Reisen schon nötig.
Neben vielen Graffiti und Aufklebern befindet sich am Haupteingang des UFOs das Konterfei von Sophie Scholl. Was wäre diese Welt ohne die wirklich Mutigen? Traut euch!
Kommentar schreiben