Über Tarsus nach Kappadokien

 

Der kälteste türkische Winter seit 50 Jahren, so geistert die Kunde durch die Gassen. Ganze 30 Jahre hätte Antalya keinen Schnee mehr gesehen. Und nun ist er da.

 

Lass uns den Winter im Süden verbringen, so sagten sie. Da ist es warm und sonnig, so glaubten sie. Und nun ist er da.

 

Als kalter Wind weht er über den Parkplatz und treibt Schneeflocken vor sich her.

 

Von den Stränden blicken sie auf die weiß gedeckten Gipfel im nahen Gebirge. Uns kann der Winter nichts anhaben, wir haben einen Holzofen in der Olga. Trotzdem ist es eine Freude, wenn man eine Höhle besucht, in der es unerwartet warm ist. Bei Aydincik liegt eine der größten und schönsten Höhlen der Türkei. Direkt an der felsigen Küste steigt man in die „Gilindire Magarasi“ hinab und taucht ein in eine spärlich beleuchtete andere Welt. Ist es womöglich die Unterwelt? Ganz am Grund der Höhle erwartet einen ein glasklarer, kristallblauer See. Baden verboten! In den verschiedenen Formationen des Gesteins erkennt wohl jeder etwas anderes. Manche sehen fantasievolle Städte, andere sehen Fabelwesen. Über rostige Metallbrücken und Treppen steigen wir eine gute Stunde lang hinab und wieder hinauf. Die gesamte Höhle ist in dem Moment nur für uns da. Wir sind die einzigen Besucher. Magisch!

 

 

 

Manchmal sind unterwegs gerade die Plätze eine gute Wahl, denen man es nicht ansieht. Bei Yanisli weht uns der Winterwind fast von der Straße. Er trägt uns zu einem kleinen Strand. Eine große Hotelanlage steht dort. Im Minutentakt fahren Busse ein und aus. Sie transportieren hauptsächlich Männer, die in leuchtend gelbe oder orange Arbeiterkluft gewandet sind. Ein Hirte treibt eine Herde über den Hügel. Zwei Kangals begleiten ihn. Gehen oder bleiben? Ist der Lärm des Busbahnhofes zu ertragen? Kann man hier mit den Hunden in Ruhe spazieren gehen?

 

Wir bleiben sogar mehrere Tage. Es stellt sich Folgendes heraus. Ganz in der Nähe baut der türkische Staat ein Atomkraftwerk. Es wird einmal ganze 10% des Strombedarfs der Türkei decken können. Eigentlich müsste man schreiben, der türkische Staat lässt bauen. Denn die Arbeiter sind Russen und es baut ein russisches Unternehmen, das teils dem russischen Staat unterstellt ist. Nach Fertigstellung betreibt das russische Unternehmen auch dieses AKW. Für 10 Jahre sichert die Türkei den Russen einen festen Abnahmepreis für die produzierte Energie zu. Später soll der Betrieb schrittweise in türkische Hände übergeben werden. Die Arbeiter logieren also im Strandhotel und in einigen Containerburgen. Aus dem kleinen Kaff, an dem nun das Kraftwerk entsteht ist ein Umschlagplatz für Mensch und Ware geworden. Für Busse und LKW baut der türkische Staat gerade noch an einer riesigen Straße. An den Geschäften sind die Werbeplakate auch auf Russisch beschriftet.

 

Hier bekommen wir im Supermarkt einen Kaffee geschenkt. Ich bekomme meinen Pappbecher in einem der Gänge in die Hand gedrückt und Christin bekommt ihren sogar bis an Autofenster auf dem Parkplatz.

 

Der kleine Strand am Hotel der Russen entpuppte sich als gute Wahl. In einer nahe gelegenen Bucht konnten wir sogar mal kurz ins Meer eintauchen.

 

 

 

In Silifke gehen wir einkaufen. Einen Mautaufkleber (HGS) bekommen wir auf der Post (PTT). Beim Kauf des Mautaufklebers wird das Kennzeichen hinterlegt und später erfasst auf der Autobahn die Mautanlage das Kennzeichen. Sollte das Guthaben, welches man quasi auf dem Mautaufkleber eingezahlt hat, nicht mehr ausreichen, soll einem das eigentlich die Anzeigetafel an der Mautbrücke signalisieren. Das funktioniert eher nicht. Man kann das Guthaben aber auch online abfragen und auf einer Postfiliale oder einer Autobahntankstelle aufladen.

 

 

 

Es regnet und wir nehmen noch zwei Sehenswürdigkeiten mit. Die erste nennt sich „Hölle und Himmel“. Einst gab es hier zwei Höhlen. Bei beiden ist irgendwann die Decke eingestürzt und so ergaben sich zwei Gruben. Die Hölle kann man nur von einem Laufsteg aus und von oben besichtigen. Zum Himmel führen hunderte Treppenstufen hinab. Nachdem man eine kleine ehemalige Klosterkirche passiert hat, gelangt man zu einer Höhle, in der ein unterirdischer Fluss rauscht und in den Tiefen verschwindet. Fazit: Muss man nicht gesehen haben aber im Sommer findet man dort vielleicht eine kleine Abkühlung. Den Aufstieg erleichtert ein Aufzug.

 

 

 

Die zweite Sehenswürdigkeit ist anders. Kein Eintritt, kein großer Parkplatz, keine anderen Besucher. Über einen Matschweg gelangen wir an den Ausgangspunkt eines Wanderpfades. Dieser führt einen mal steil, mal weniger steil über in den Fels gehauene Stufen den Hang eines Canyons hinab. Da es regnet, rutschen wir mehr hinab, als das wir laufen. Doch es lohnt sich richtig. Denn man gelangt zu Gräbern und Grabbildern, die hier in der Antike in die Wand des Canyons geschlagen wurden. Auf der Karte findet man sie auch unter dem Begriff „men of rocks“. Aus Furcht, bei dem Regen dort im Matsch zu versinken, fahren wir noch weiter und finden ganz in der Nähe einen ruhigen Übernachtungsplatz.

 

 

 

Dann zeigt uns ein Blick auf die Wettervorhersage einen kurzen Zeitabschnitt, in dem es in den Bergen wärmer und sonniger sein soll. So beschließen wir doch einen Abstecher nach Kappadokien einzulegen. In Mersin kaufe ich mir dafür noch schnell eine neue Jacke und neue Schuhe. Die alten waren in den letzten Monaten stark beansprucht und mittlerweile unbrauchbar geworden. Die Auswahl ist nicht groß aber dafür preiswert. Zumindest für uns Deutsche. Für die wenigsten Türken sind diese Preise wohl bezahlbar, trotzdem ist der Laden gut besucht.

 

Bevor wir auf der Autobahn in die Berge fahren, verbringen wir noch eine Nacht auf dem öffentlichen Caravanstellplatz in Tarsus. Die Stadt ist nicht schön und der Platz liegt direkt an einer stark befahrenen Straße und einer Bahnstrecke. Hunde laufen auf dem Platz herum aber wir haben eine erstaunlich ruhige Nacht.

 

 

 

Bei Nigde haben wir für drei Nächte ein kleines Häusschen gemietet. Es soll unsere Überbrückung nach Kappadokien sein. Hier können wir endlich mal wieder unsere ganze Wäsche in die Maschine werfe und die Hunde können im eingezäunten Garten rumlaufen.

 

Auch das Haus erweist sich als gute Wahl. Die wenigen Bilder im Netz ließen das zwar schon erahnen aber erst nach der Ankunft und dem netten Empfang durch die Eigentümer wurde uns klar, dass wir es hier gut haben würden. Es liegt am Rande eines kleinen Ortes, in einem Tal auf etwa 1200 Höhenmetern. In den Bergen weiden Schafe und Ziegen trotz des Schnees. Am Ende verlängern wir unseren Aufenthalt sogar noch um eine weitere Nacht.

 

Und dann geht es weiter nach Göreme. Kappadokien ist ein „must-see“ für alle Türkeireisenden. Gerade in Göreme ist jeder Flecken Erde auf Touristen zugeschnitten. Hotels, Restaurants, Reiseagenturen, Quadverleiher, Agenturen für Heißluftballoontouren, Mietwagenfirmen, das alles und noch mehr reiht sich aneinander. Schöner und ruhiger wird es außerhalb der Ortschaften, wo der Blick auf die fantastische Landschaft unverstellt ist. Vor tausenden Jahren hat sich aus Sand und Vulkanasche dieses Gestein gebildet. Die kegelförmigen Gebilde sind beeindruckend. Einst gruben die Menschen Höhlen in den Fels und auch heute noch kann man in einigen dieser Höhlen wohnen.

 

Wir fahren zwei Tage durch die faszinierende Gegend und halten an verschiedenen Punkten an, um uns umzuschauen. Christin spielt sogar in einer der Höhlen Cello. Die Nacht verbringen wir auf einer kleinen Asphaltfläche neben der Straße. Vermutlich einer der Orte, von dem sonst die Heißluftballons starten. Uns entgeht dieser Anblick allerdings. Die Sonne hat uns die beiden Tage zu einem Highlight unserer Reise gemacht. Als wir wieder in Richtung Adana zurückfahren, beginnt es wieder zu regnen. Wir verbringen eine weitere Nacht in Tarsus und stehen nun bei Adana am Stausee „Catalan Baraji“. Noch immer warten wir auf ein Paket aus Deutschland. Sollte das irgendwann hoffentlich eintreffen, wollen wir wieder in die Berge und die Mittelmeerküste verlassen, um uns zum Schwarzen Meer aufzumachen und weiter in Richtung Georgien.

 

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